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Artgerechte Pferdehaltung

Wie viel trinkt mein Pferd am Tag, wie halte ich den Stall sauber oder wie viel Bewegung braucht mein Pferd täglich? Fragen über Fragen! Wir haben uns die grundlegende Frage gestellt: Was ist eine artgerechte Pferdehaltung? 7 Kriterien liefern einen Anhaltspunkt, ob die Haltungsform Deines Pferdes artgerecht ist oder ob es dringenden Verbesserungsbedarf bei der Haltung gibt.

Aber warum ist das überhaupt wichtig? Die Haltung eines Pferdes kann eine bedeutenden Wirkung auf die Gesundheit haben. Dabei ist nicht alleine an die physische Unversehrtheit zu denken, sondern auch an die Psyche Deines Tieres.

Bewegung

Nicht nur unter dem Sattel, an der Longe oder in der Führmaschine sollte ein Pferd die Möglichkeit bekommen, sich nach Lust und Laune frei zu bewegen. Denn freie Bewegung unterscheidet sich von der kontrollierten Arbeit beispielsweise beim Reiten oder Longieren. Ob es dabei auf dem Paddock mit Artgenossen steht oder in der Herde auf der Weide ist dabei zweitrangig. Der Auslauf soll laut Leitlinie für bis zu 2 Pferde mindestens 150 Quadratmeter groß sein. Jedes weitere Pferd braucht zusätzliche 40 Quadratmeter Fläche. Das absolute Minimum sind 2 Stunden freie Bewegung. Pferde, die nicht noch kontrolliert bewegt werden, wie Jungpferde oder Zuchtstuten brauchen unbedingt mehr als 2 Stunden freie Bewegung. Steht Dein Pferd länger als 4 Stunden auf dem Paddock oder der abgegrasten Weide, braucht es zusätzlich Raufutter, denn sonst wird die Fresspause zu lang und es kann zu gesundheitlichen Problemen kommen.

Pferd in freier Bewegung
Pferd in freier Bewegung auf der Weide

Klar ist, je länger sich Dein Pferd frei bewegen kann, desto besser ist es für eine artgerechte Pferdehaltung!

Hygiene

Ein Pferdestall muss sicherlich nicht auf Hochglanz poliert sein und auch etwas Unordnung ist absolut normal und auch in Ordnung. Allerdings sollte bei der Stallhygiene auf einige Punkte besonders geachtet werden:

  • Boxenhygiene: Der Stall sollte täglich gemistet werden, da hierdurch die Keimbelastung reduziert wird. Aber auch die regelmäßige Reinigung von Futtertrögen und Tränken ist empfehlenswert. Die Desinfektion im Anschluss ist ebenfalls sinnvoll. Hier ist darauf zu achten, dass es sich um ein (natürliches) Desinfektionsmittel ohne Alkohol handelt, dass ungiftig für Pferde ist und die Atemwege nicht reizt.
  • Paddock- und Weidehygiene: Alle 2 bis 3 Tage – im Idealfall täglich – sollte der Auslauf abgeäppelt werden. Hierdurch kann der Übertritt der Larven aus dem Kot des Pferdes in den Boden reduziert werden. Für alle Pferde, die auf dem Paddock oder der Weide stehen, sinkt das Risiko sich mit Magen-Darm-Parasiten zu infizieren.
  • Mäuse und Ratten: Es gibt sie an jedem Stall, nur leider verbreiten die Tiere Krankheiten. Eine Stallkatze könnte dagegen Abhilfe schaffen. Aber auch Futterreste aus den Trögen oder nach dem Füttern auf dem Boden zu beseitigen bzw. aufzufegen, kann helfen, den Lebensraum unattraktiver zu gestalten. Besonders Futtermittel wie ein Sack Möhren, das frisch angerührte Mash oder das Müsli mit Zusatzfutter sollten niemals offen rum stehen. Ein paar praktische Stall-Helfer findest Du hier:
  • Kranke Pferde: Jeder Pferdebesitzer ist dafür verantwortlich die Gesundheit seines Tieres zu überprüfen und mögliche Krankheitssymptome zu erkennen. Ist ein Pferd erkrankt, können sich die Viren schnell unter den Pferden verbreiten. Daher ist das kranke Tier zu separieren, sodass sich die Erreger nicht weiter verbreiten können.

Für mehr Tipps rund um die Hygiene hat die FN einen ausführlichen Hygieneleitfaden entwickelt, den Du Dir HIER durchlesen kannst.

Futter

Ein Pferd in der freien Wildbahn ist bis zu 16 Stunden damit beschäftigt den Magen mit kleinen Portionen zu füllen. Dabei legt es viele Kilometer am Tag zurück. Auch bei unseren domestizierten Hauspferden wird ununterbrochen Magensäure produziert, da die ständigen Nahrungsaufnahme erwartet wird. Kaut das Pferd, wird Speichel produziert und dieser kann die Magensäure neutralisieren. Ist somit die Fresspause länger als 4 Stunden, wird kein neutralisierender Speichel produziert, Magensäure hingegen schon und die Magenschleimhäute werden angegriffen.

Aber wie viel Futter braucht Dein Pferd nun am Tag? Das Minimum sind 1,5 bis 2 Kilogramm Raufutter pro 100 Kilogramm Körpergewicht. Angenommen das Pferd wiegt 600 Kilogramm sollte es pro Tag mindestens 9 bis 12 Kilogramm Raufutter bekommen. Wird Dein Pferd nur leicht gearbeitet und bekommt entsprechend hochwertiges Heu, kann die Gabe von Kraftfutter unnotwendig sein. Falls Du Dein Pferd intensiv trainierst und Kraftfutter zu fütterst, sollte die Fütterung auf mindestens 3 Portionen verteilt werden. Wichtig ist hier, dass das Raufutter vor dem Kraftfutter gefüttert wird. Das Pferd sollte ausreichend Zeit bekommen das Raufutter gründlich zu kauen und Speichel zu produzieren. Das Verdauungssystem wird angeregt und bestens auf das Kraftfutter vorbereitet.

Folgen falscher Fütterung für Dein Pferd können Koliken, Magengeschwüre oder Verhaltensstörungen wie Koppen oder Weben sein.

Kontakt

Artgerechte Pferdehaltung bedeutet auch Kontakt zu Artgenossen. Pferde sind Herdentiere und das Bedürfnis nach sozialen Kontakten ist auch bei unseren domestizierten Tieren noch tief verankert. Pferde fühlen sich in Gesellschaft von Artgenossen deutlich wohler und brauchen den Kontakt um psychisch fit zu bleiben und um Verhaltensauffälligkeiten, wie Aggressionen gegenüber anderen Pferden oder sogar Menschen entgegen zu wirken.

Kontakt mit Artgenossen
2 Pferde zusammen auf der Weide

Steht Dein Pferd in Boxenhaltung? Ja! Dann ist es wichtig, dass sowohl durch die Stäbe der Boxen oder aus dem Fenster heraus, Sichtkontakt zu anderen Pferden möglich ist. Da dies aber nicht ausreichend ist, solltest Du Dein Pferd darüber hinaus tagsüber mit mindestens einem Spielkameraden auf das Paddock oder die Weide stellen. Wie lange und wie viel Bewegung Dein Pferd täglich braucht, kannst Du weiter oben nochmal nachlesen.

Boxen mit Sichtkontakt
Boxen mit der Möglichkeit zum Sichtkontakt mit Artgenossen

Licht

In den Leitlinien zur Pferdehaltung steht:

„Das natürliche Spektrum des Sonnenlichtes hat starken Einfluss auf das Tierverhalten sowie auf den gesamten Stoffwechsel, wodurch Widerstandskraft, Leistungsfähigkeit und Fruchtbarkeit positiv beeinflusst werden. Deshalb sollen sich Pferde täglich im natürlichen Licht aufhalten können (Auslauf, Außenklappen etc.). Handelsübliche Lichtquellen können das natürliche Spektrum des Sonnenlichts nicht ersetzen. Die Fensterfläche soll sich auf mindestens 1/20 der Stallfläche belaufen und bei Verschattung entsprechend größer sein. Als Richtwert für die Beleuchtungsstärke sind im Pferdestall mindestens 80 Lux im Tierbereich über mindestens 8 Stunden je Tag anzusetzen.“

https://www.bmel.de/ – Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten vom 9. Juni 2009

Luft

Im Stall ist eine ausreichende Frischluftversorgung sowie eine angemessene Luftzirkulation sicherzustellen. Zudem müssen Gase wie Ammoniak, Schwefelwasserstoff oder Kohlenstoffdioxid sowie Staub und Keime in einem Bereich gehalten werden, der für Pferde keine Gesundheitsrisiken birgt. Eine geeignete Lüftung des Stalls ist daher unabdingbar.

Des Weiteren sollte die Stalltemperatur der Außentemperatur angepasst sein. Die Thermoregulation von Pferden ist angeboren und funktioniert hervorragend . Bei entsprechender Gewöhnung kann Dein Pferd Temperaturschwankungen bestens vertragen.

Die relative Luftfeuchtigkeit im Stall liegt idealerweise zwischen 60-80%. Ist die Luftfeuchtigkeit dauerhaft über 80% kann dies zu gesundheitlichen Problemen führen. Denn im feuchten Klima vermehren sich Bakterien, Schimmelpilze und Parasiten sehr gut. Außerdem schränkt eine hohe Luftfeuchtigkeit Dein Pferd beim Schwitzen ein und die Thermoregulierung ist gestört.

Stallgasse mit Pferd
Helle, saubere und gut belüftete Stallgasse

Wasser

Zunächst stellt sich die Frage, wie viel Liter ein Pferd pro Tag trinkt. Im Ruhezustand sind das etwa 5 Liter pro 100 Kilogramm Körpergewicht Deines Pferdes. Bereits bei leichter Arbeit steigt der Bedarf schnell an. Der Wasserbedarf ist also abhängig vom Leistungspensum, der Größe bzw. dem Gewicht des Pferdes und ob sich das Tier grade in einer „Ausnahmesituation“ befindet, wie etwa eine trächtige Stute. Dann ist der Bedarf schnell um ein Doppeltes höher und kann bei bis zu 80 Liter am Tag liegen. Es wird deutlich, dass Deinem Pferd immer ausreichend frisches Wasser zu Verfügung stehen sollte, egal ob in der Box, auf dem Paddock, der Weide oder unterwegs. Sorge dafür, dass Du auf dem Turnier oder dem Auswärtstraining immer einen Eimer oder eine Turnierfutterkrippe mit Einhängevorrichtung und Tragegriff dabei hast. Damit kannst Du Dein Pferd auch unterwegs bestens mit Wasser versorgen.

Jedoch muss nicht nur der Bedarf gedeckt werden, das Wasser und die Tränke müssen auch gewissen Standards entsprechen. Das Wasser muss frei von Bakterien, Algen, Schwebstoffen (Staub/Haare/Pollen), Kadaver (Vögel/Mäuse), Eisen und Schwermetallen sein. Demnach darf Wasser im Sommer nicht länger als 2 Tage in der Sonne stehen, denn das fördert die Bildung von Algen und Bakterien. Durch die Leitungen der Tränke im Stall muss eine ausreichende Wassermenge fließen können. Des Weiteren muss die Trinkschale groß und tief genug sein, damit das Maul Deines Pferdes hinein passt. Die Tränke, aber auch die Bottiche auf Paddock oder Weide sollten regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden. Eine tägliche Kontrolle ist aber trotzdem zwingend erforderlich, um auf der einen Seite zu schauen, ob die Tränke noch funktioniert, in den Bottichen noch Wasser ist und um Verunreinigungen zu bemerken.

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