Stallapotheke: Erste Hilfe für Dein Pferd
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Die Stallapotheke: Erste Hilfe für Pferde

Eine Schramme am Kopf, kleine Wunden am Pferdekörper oder auch mal ein dickes Bein können vorkommen, wenn die Pferde auf der Weide toben, mit dem Paddock-Partner spielen oder einfach nur in der Box stehen – für Reiter:innen manchmal auf unerklärliche Art und Weise. Die Stallapotheke schafft Abhilfe und Du kannst schnell Erste Hilfe für Dein Pferd leisten.

Viele Pferdebesitzer würden ihre geliebten Tiere am liebsten in Luftpolsterfolie oder Watte packen und so Verletzungen verhindern. Leider ist das nicht möglich. Kleine Kratzer, Bisswunden und Macken gehören dazu, aber mit den richtigen Utensilien kannst Du Dein Pferd bestens selbst versorgen. Aber auch bei schlimmeren Verletzungen ist die Stallapotheke unverzichtbar. Bis zum Eintreffen des Tierarztes kann die Erstversorgung ernsthafter Wunden die Heilung verbessern und sicherstellen.

Wir haben Dir 3 Checklisten mit Medikamenten, Verbandsmaterial und nützlichen Hilfsmitteln für Deine Stallapotheke zusammengestellt und erklären Dir, wofür was gebraucht und verwendet wird.

Medikamente für Pferde

Aluminium-Spray: Deckt haarlose Hautflächen vor schädlichen Einflüssen wie Schmutz und Insekten mit einem filmbildenden, elastischen, atmungsaktiven und metallischen Schutzfilm ab. Die Wunde vor dem Draufsprühen reinigen und desinfizieren!

Augensalbe / Augentropfen: Zur Reduzierung von Reizungen am Auge einzusetzen – ein Mittel ohne Kortison verwenden! Zusätzlicher Schutz vor Zugluft und Insekten bietet eine Fliegenmaske.

Bepanthen / Melkfett: Hält Wunden geschmeidig.

ColoSan®: Zur unterstützenden Behandlung bei futterbedingten Blähungen und Magen-Darm-Störungen wie leichte Koliken oder bei schwereren Koliken zur Überbrückung bis der Tierarzt eintrifft.

Desinfektionsspray / -tücher: Zur Desinfektion offener Wunden. Mit Desinfektionstüchern können kleinere Verletzungen gezielter gereinigt werden.

Handdesinfektionsmittel: Der behandelnde Mensch sollte vor der Versorgung von Verletzungen und Wunden seines Pferdes die eigenen Hände waschen und desinfizieren.

Jod: Die desinfizierende Lösung eignet sich zur Wundreinigung größerer Flächen.

Kochsalzlösung / NaCl: Mittels einer Einweg-Spritze lassen sich Wunden ausspülen und somit reinigen.

Kühlgel: Fördert die Regeneration von Sehnen, Bändern und Gelenken nach großer Belastung oder Anstrengung, da es durchblutungsfördernd wirkt. Schwellungen klingen schneller ab und auf Prellungen und Mückenstichen kann Kühlgel für Linderung und Beruhigung sorgen. Nicht auf offenen Wunden auftragen!

Mineralerde / Tonerde: Kühlt langanhaltend Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke. Wirkt zudem nachhaltig abschwellend.

Panthenolsalbe: Bei trockenen Wunden kann Wundsalbe zum Einsatz kommen, sodass schmerzende Risse bei der Wundheilung verhindert werden.

Rivanol®: Desinfizierende Angussverbände mit Rivanol® kühlen das Pferdebein dauerhaft und desinfizieren die Wunde weiterhin. Rivanol® ist wundreinigend, entzündungshemmend und heilungsfördernd.

Wundspray / Wundsalbe: Verhindert Wundinfektionen (Betaisodona)

Zinksalbe / Zinkspray: Bei feuchten oder nässenden Hautwunden (auch Mauke) fördert das Zink die Austrocknung der Wunde und unterstützt so die Heilung. Eine positive Nebenwirkung ist, dass der Film aus Salbe oder Spray als Schutz vor Schmutz und Insekten dient.

Medikamente für Pferde
Medikamente für Pferde

Verbandsmaterial zur Ersten Hilfe

Bandagierwatte / Verbandswatte: Ist bei Stützverbänden notwendig und wird zur Polsterung sowie das Verbinden von Wunden benötigt. Die Polsterung sollte faltenfrei angelegt werden, sodass die Entstehung von Druckstellen verhindert wird!

Gaze-Tupfer: Die weichen, saugfähigen und luftdurchlässigen Mulltupfer absorbieren Flüssigkeit, wodurch eine optimale Wundreinigung sowie Wundbehandlung (Verteilung von Medikamenten) möglich ist.

Gewebeklebeband / Panzertape / Tesa Tape / Pflaster-Klebeband: Tape und Klebeband sind funktional und vielseitig einsetzbar, beispielsweise zur Fixierung von (Huf-) Verbänden.

Mullbinden: Bestehen meist aus einem dünnen Vlies- oder Gaze Stoff. Als Druckverband dienen Mullbinden der Fixierung von Kompressen sowie als Wundauflagen an Verletzungen.

Selbsthaftende Bandagen / elastische Haftbandagen: Ein schnelles und einfaches Anlegen von Stützverbänden sowie anderen Verbandsarten wird durch die selbsthaftende Eigenschaft der Bandage ermöglicht. Wobei der Vorteil ist, dass diese nur an sich selbst haften und nicht am Fell kleben bleiben. Trotzdem nie direkt auf der offenen Wunde anlegen!

Sterile Kompressen: Eignen sich zur Säuberung von Wunderändern. Besonders darauf achten, dass diese steril sind und es zu keiner Verunreinigung der Wunde durch die Kompresse kommt!

Sprühpflaster: Sprüh- bzw. Filmpflaster sind eine flexible Wundabdeckung, die das Eindringen von Keimen verhindert. Der Schutzfilm, der ausgebildet wird, ist atmungsaktiv und hält die Haut während des Regenerationsprozesses geschmeidig und elastisch.

Verbandsmull / Mullkompresse: Egal ob Verbandsmull oder eine Mullkompresse – beides dient der Wundabdeckung.

Wundauflagen / Wundabdeckungen: Ein Eindringen von Schmutz, Bakterien und Keimen wird hierdurch verhindert. Außerdem wird Wundsekret und / oder Blut aufgenommen. Wundauflagen und Wundabdeckungen müssen steril verpackt sein, da ein direkter Kontakt zur Verletzung besteht! Am besten in verschiedenen Größen für unterschiedlich große Wunden bereithalten.

Verbandsmaterial zur Ersten Hilfe
Verbandsmaterial zur Ersten Hilfe

Nützliche Hilfsmittel in der Stallapotheke

Block und Stift: Die PAT-Werte (mehr dazu weiter unten) können aufgeschrieben werden oder die Anweisungen des Tierarztes können notiert werden.

(Digitales) Thermometer: Zum Temperatur / Fieber messen. Tipp: Eine Schnur daran binden, sodass das Thermometer nicht im Pferdedarm „verloren“ gehen kann!

Einmal- / Einweghandschuhe: Das Tragen reduziert bei offenen Wunden die Infektionsgefahr. Trotzdem die Hände vor der Versorgung von Wunden oder Verletzungen desinfizieren!

Einweg-Rasierer: Fell an Wundrändern sollte entfernt werden, damit die Verletzung besser behandelt werden kann.

Einweg-Spritzen: Mit NaCl gefüllt lassen sich Wunden mit Einweg-Spritzen ausspülen oder aber auch Medikamente lassen sich hiermit verabreichen.

Gewöhnliche Schere: Beispielsweise zum Öffnen von Medikamentenverpackungen.

Hufzange: Ein schiefes / loses Hufeisen kann abgenommen werden oder es kann kontrolliert werden, ob ein Huf (aufgrund eines Hufgeschwürs) druckempfindlich ist.

Kühlkompressen: Zur sofortigen Anwendung und direkten Kühlung. Nicht direkt auf die Haut legen, da es zu Erfrierungen kommen kann!

Mix-Flasche: Medikamente können hierin angemischt werden.

Nasenbremse: Nervösen Pferden kann die Nasenbremse zu mehr Ruhe verhelfen, da bei korrekter Anwendung Endorphine ausgeschüttet werden, die die Schmerzempfindung unterdrücken. So kann eine sichere (für die behandelnde Person) Versorgung der möglicherweise schmerzenden Verletzung gewährleistet werden.

Pinzette: Fremdkörper lassen sich hiermit entfernt und falls keine Zeckenzange griffbereit ist, lassen sich damit auch Zecken entfernen. Auch steriles Verbandsmaterial kann damit gegriffen werden.

Saubere Handtücher: Ein Allround-Helfer, aber ACHTUNG! Handtücher sind nicht steril und sollten daher nicht auf offene Wunden gelegt werden.

Stethoskop: Kein Muss in der Stallapotheke, aber wenn etwa dickes Winterfell das Puls messen erschwert, kann ein Stethoskop hilfreich sein.

Taschenlampe: Die Schwere einer Verletzung an der Innenseite des Oberschenkels oder am Bauch des Pferdes lässt sich am besten mit ausreichend Licht beurteilen.

Telefonliste: Die wichtigsten Telefonnummern von Tierarzt, Schmied, Stallbesitzer, usw. sollten im Notfall für jeden zugänglich sein und nicht nur auf dem eigenen Handy gespeichert sein.

Verbandsschere: Zum Zuschneiden von Verbänden und zur sicheren Entfernung derer, ist eine gebogene Verbandsschere sinnvoll.

Zeckenzange: Zecken übertragen viele Krankheitserreger, wobei Pferde in der Regel unempfindlicher als Menschen gegen Infektionen durch Zeckenstiche sind. Entferne die Zecke trotzdem und vermeide ein Quetschen der Zecke!

Nützliche Hilfsmittel
Nützliche Hilfsmittel

Regelmäßige Kontrolle der Stallapotheke

Handelt es sich um Medikamente, musst Du das Verfallsdatum regelmäßig kontrollieren. Überprüfe bei dem Verbandsmaterial auch, ob dieses noch haltbar und steril verpackt ist. Hier könnte das Material spröde werden und in der Notfallsituation nicht mehr die gewünschte Funktionsfähigkeit haben. Bei Flaschen, Salben oder Tuben muss der Verwender / die Verwenderin darauf achten, dass der Deckel oder die Kappe richtig schließt, sodass keine Feuchtigkeit, kein Dreck und somit auch keine Krankheitserreger und Keime eindringen können. Hilfsmittel wie Fieberthermometer oder eine Zeckenzange können schnell mal kaputtgehen. Zögere den Neukauf nicht heraus und fülle Deine Stallapotheke schnellstens wieder auf.

Good to know: Erste Hilfe für Dein Pferd

Hier findest Du noch weitere wichtige Tipps rund um das Gesundheitsmanagement Deines Pferdes:

PAT-Werte beim Pferd

Die PAT-Werte stehen für die Vitalwerte Puls, Atmung und Temperatur beim Pferd und sind Parameter, die eine Einschätzung über den allgemeinen Gesundheitszustand eines „erwachsenen“ Pferdes (~3 Jahre und älter) geben können.

P = Puls

Eine normale Pulsfrequenz beim Pferd liegt zwischen 28 und 40 Schlägen pro Minute. Praktisch ist, dass Du zum Feststellen der Pulsfrequenz als Hilfsmittel nur eine Uhr oder Dein Smartphone benötigst, mit der/dem Du 15 Sekunden, in denen Du die Schläge zählst, stoppst. Mit 4 multipliziert, ergibt sich die Anzahl der Schläge pro Minute. Aber wo kannst Du den Pulsschlag fühlen? Ganz einfach: Den Puls kannst Du am Unterkieferknochen Deines Pferdes ertasten und das regelmäßige Pochen, welches Du spürst, ist der Pulsschlag. Am besten übst Du das Ertasten, Zeit stoppen und dann noch richtige Zählen der Schläge in einer entspannten Situation, sodass es in einer stressigeren Situation auch sicher klappt.

A = Atmung

Ein gesundes Pferd macht 8 bis 16 Atemzüge pro Minute. Zur Ermittlung der Atemzüge stellst Du Dir eine Stoppuhr auf 1 Minute und zählst in dieser Zeit die Nüsternbewegungen oder die Bewegungen vom Brustkorb bzw. Bauchraum. Atmet Dein Pferd ein, werden die Nüstern weiter und am Brustkorb bzw. dem Bauchraum kannst Du eine Vergrößerung erkennen.

T = Temperatur

37,5 bis 38,2 Grad beträgt die Körpertemperatur eines Pferdes unter normalen Bedingungen. Die Körpertemperatur eines Fohlens kann etwas höher sein und ist zwischen 38,0 bis 39,0 Grad noch im Normalbereich. Die Temperatur misst Du mit einem Fieberthermometer, das im besten Fall mit einem Faden gesichert ist, sodass es beim Messen nicht im After des Tieres verschwinden kann. Eine Messung erfolgt über einen Zeitraum von mindestens 3 Minuten. Aber Achtung: Fieber messen kann für Dein Pferd etwas unangenehm/ungewohnt sein und Du befindest Dich im Bereich der Hinterbeine. Stelle Dich nach Möglichkeit seitlich neben Dein Pferd – nie direkt hinter das Pferd, denn ein Hinterhuf könnte Dich leicht treffen.

PAT-Werte messen üben & aufschreiben

Nicht nur das Pulsmessen, auch das korrekte Zählen der Atemzüge und auch ein sicheres Messen der Temperatur will geübt sein. Nimm Dir dafür Zeit und übe die Handgriffe, sodass die Messung der PAT-Werte in einer brenzligen Situation routiniert durchgeführt werden kann. Du kannst Dir auch einen Spickzettel mit den PAT-Werten deines gesunden Pferdes zur Stallapotheke legen, denn im Notfall sind die Gedanken meist woanders und da ist ein Zettel zum Nachgucken im Ernstfall doch goldwert.

Ist das Wetter sehr warm, die Sonne scheint extrem oder die Anstrengung durch intensives Training ist sehr hoch, dann können die PAT-Werte auch abweichen. Jedoch ist der Gesamtzustand des Pferdes dabei nicht zu vernachlässigen, denn extreme Wetterbedingungen begründen natürlich nicht immer die Abweichungen der Werte.

Fazit: Eine gut ausgestattete Stallapotheke ist essenziell

Die Ausstattung Deiner Stallapotheke kann Deinem Pferd und Dir mehr Sicherheit im Notfall verschaffen und ermöglicht Dir in einer brenzligen Situation Erste Hilfe leisten zu können. Wir empfehlen Dir Deine Stallapotheke gut aufgefüllt, regelmäßig kontrolliert und griffbereit aufzubewahren, sodass Du stets zum Wohlergehen Deines Pferd beitragen kannst.

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